Anordnung von Notbefehlseinrichtungen: Elektropraktiker

2023-02-15 15:42:20 By : Ms. Vangood ZS

ep 6/2017 [161.44kB] 2 Seite(n) H. Peppel

Zum Thema Not-Aus und Notbefehlseinrichtung gibt es bei unseren Kunden immer wieder kontroverse Diskussionen, weshalb ich hier den fachlichen Rat suche. Hier meine Fragen: Wann sind diese Einrichtungen leicht und ungehindert erreichbar? Wie groß darf der Abstand zum Bedienenden sein (z. B. bei einem Temperofen mit Doppeltür, von dessen Restwärme nach dem Ausschalten eine Gefährdung ausgehen kann)? Muss ein als Drehschalter ausgeführter roter Hauptschalter auf gelbem Untergrund durch einen Not-Aus mit Pilztastaufsatz und entsprechender Rastfunktion ersetzt werden (z. B. bei einer Formatsäge)? Kann eine Not-Aus-Einrichtung durch RCD, Überstromschutzeinrichtung und Potentialausgleich ersetzt werden?

Leider sind die Fragen nicht eindeutig. Daher versuche ich nachfolgend die Beantwortung in der Form, wie ich diese Fragen interpretiere.

Begriffe NOT-Halt oder NOT-Aus. Oft werden diese Begriffe falsch verstanden. NOT-Halt bezeichnet eine Handlung in einem Notfall, die dazu bestimmt ist, einen Prozess oder eine Bewegung anzuhalten. NOT-Aus bezeichnet eine Handlung in einem Notfall, die dazu bestimmt ist, die Versorgung mit elektrischer Energie zu einer gesamten Installation oder zu einem Teil einer Installation abzuschalten, falls das Risiko eines elektrischen Schlages oder ein anderes Risiko elektrischen Ursprungs besteht.

Ich gehe davon aus, dass es sich bei der in dieser Leseranfrage verwendeten Begrifflichkeit NOT-Aus um eine NOT-Halt-Einrichtung handelt.

Schutzmaßnahme oder Notfallmaßnahme. Eine Schutzmaßnahme in der Elektrotechnik ist z. B. eine Maßnahme gegen den elektrischen Schlag infolge gefährlicher Berührungsspannung oder Schutz gegen schädigende thermische Auswirkungen. Die Schutzmaßnahme verhindert z. B. im Fehlerfall das Zustandekommen von gefährlichen Berührungsspannungen an leitenden Oberflächen (Überstromschutzorgan, RCD, Potentialausgleich). Ein NOT-Halt, NOT-Aus kann eine erforderliche Schutzmaßnahme nicht ersetzen!

NOT-Halt und NOT-Aus sind ergänzende Notfallmaßnahmen. Sie dürfen nicht an Stelle oder gar als Ersatz von erforderlichen Schutzmaßnahmen gesehen werden.

Sicherheit von Maschinen. In DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1) [1] unter 10.7.1, Anordnung der Geräte für NOT-Halt, heißt es: „Geräte für NOT-Halt müssen leicht erreichbar sein. Geräte für NOT-Halt müssen an jedem Bedienstand sowie an anderen Orten vorhanden sein, wo die Einleitung eines NOT-Halt erforderlich sein kann [...]“

Die Anordnung der NOT-Halt-Geräte muss für jede Gefahrenstelle an der zu bewertenden Maschine (zu bewertenden Arbeitsplatz) festgelegt werden.

In der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) [2] lässt sich unter § 8, Schutzmaßnahmen bei Gefährdungen durch Energien, Ingangsetzen und Stillsetzen, folgendes nachlesen: „(5) Vom Standort der Bedienung des Arbeitsmittels aus muss dieses als Ganzes oder in Teilen so stillgesetzt und von jeder einzelnen Energiequelle dauerhaft sicher getrennt werden können, dass ein sicherer Zustand gewährleistet ist. Die hierfür vorgesehenen Befehlseinrichtungen müssen leicht und ungehindert erreichbar und deutlich erkennbar gekennzeichnet sein. Der Befehl zum Stillsetzen eines Arbeitsmittels muss gegenüber dem Befehl zum Ingangsetzen Vorrang haben. Können bei Arbeitsmitteln, die über Systeme mit Speicherwirkung verfügen, nach dem Trennen von jeder Energiequelle nach Satz 1 noch Energien gespeichert sein, so müssen Einrichtungen vorhanden sein, mit denen diese Systeme energiefrei gemacht werden können [...] Ist ein vollständiges Energiefreimachen nicht möglich, müssen an den Arbeitsmitteln entsprechende Gefahrenhinweise vorhanden sein.“

Hier wird die Möglichkeit des Stillsetzens eines Arbeitsmittels und zusätzlich die grundsätzliche Möglichkeit der Energietrennung verlangt. Bei der elektrischen Energie ist hier als Trennung der Hauptschalter angesprochen (siehe DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1) [1], Abschnitt 5, Netzanschlüsse und Einrichtungen zum Trennen und Ausschalten).

Anmerkung. Das Arbeitsmittel kann auch durch einen Hauptschalter mit Drehantrieb stillgesetzt und dauerhaft sicher getrennt werden.

In Abschnitt 6 von § 8 der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) [2] heißt es weiter: „(6) Kraftbetriebene Arbeitsmittel müssen mit einer schnell erreichbaren und auffällig gekennzeichneten Notbefehlseinrichtung zum sicheren Stillsetzen des gesamten Arbeitsmittels ausgerüstet sein, mit der Gefahr bringende Bewegungen oder Prozesse ohne zusätzliche Gefährdungen unverzüglich stillgesetzt werden können.“

Sicher erreichbar ist er dann, wenn dies in der erforderlichen Risikobewertung des Herstellers oder der Gefährdungsbeurteilung des Betreibers so bewertet wird. Wenn es dazu eine eindeutige, für alle unterschiedlichen Anwendungen gleichbleibende Zuordnung gäbe, wäre das sicher in den B-Normen enthalten. Da dies aber nicht möglich ist, sind hierzu nur für produktspezifische Anwendungen Detailangaben in den jeweiligen C-Normen enthalten.

Als Entscheidungsgrundlage kann gelten: Eine NOT-Halt-Schaltstelle an der (den) Bedienstelle(n) und bei möglicher Gefährdung an bestimmten Arbeitsplätzen, z. B. beim Rüsten oder bei Instandhaltung.

Bezüglich der Ausführung und Kennzeichnung sind die DIN EN ISO 13850 [3] und DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1) [1] anzuwenden.

Fazit. Der Hauptschalter hat seitens der Normanwendung zunächst eine andere Funktion als das Stillsetzen im Notfall. Nur in bestimmten Fällen kann dieser beide Funktionen beinhalten, was aber vom Hersteller oder Betreiber in der Risikobeurteilung bzw. Gefährdungsbeurteilung zu begründen ist.

Ob eine zusätzliche Notbefehlseinrichtung vorhanden sein muss, regelt der Hersteller oder Betreiber über seine Risikobeurteilung bzw. Gefährdungsbeurteilung und die daraus resultierenden Vorgaben. Auch die Lage der Not-Befehlseinrichtungen werden dort überprüft und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen zur Gefahrenminderung erhoben.

Ein Rezept für die Anzahl der Not-Befehlseinrichtungen und den Standort gibt es nicht. Jede einzelne Maschine oder Anlage muss entsprechend der Anforderung bewertet werden.

Literatur: [1] DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1):2007-06 Sicherheit von Maschinen – Elektrische Ausrüstung von Maschinen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen. [2] Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2015 Teil I Nr. 4, S. 49, ausgegeben zu Bonn am 6. Februar 2015; zuletzt geändert durch Artikel 147 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 626). [3] DIN EN ISO 13850:2016-05 Sicherheit von Maschinen – Not-Halt-Funktion – Gestaltungsleitsätze.

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